Schnelldorf wird im Rahmen einer Forschungsarbeit zum Thema „Elektromobilität“ untersucht. Tyll Günner, der im Ortsteil Gailroth wohnt und an der Universität Bayreuth Geographie und Chemie studiert, will das Mobilitätsverhalten, die Akzeptanz und die Möglichkeiten von Elektromobilität in der Gemeinde analysieren.
In diesem Zusammenhang benötigt er die Unterstützung der Schnelldorfer Bürgerinnen und Bürger. In einem kurzen Fragebogen, der am 9. Dezember an jeden Haushalt verteilt wird, soll das Potential für Elektroautos in der Gemeinde Schnelldorf ermittelt werden. Die Beantwortung der Fragen wird etwa fünf Minuten in Anspruch nehmen. Wir befragten ihn zu den Hintergründen:
Herr Günner, warum wird die Befragung in Schnelldorf durchgeführt?
Tyll Günner: Die Befragung ist Bestandteil meiner Forschungsarbeit, an der Universität Bayreuth, zu meiner Abschlussprüfung im Fach Geographie. Auf Grund der aktuell großen Aufmerksamkeit für Elektromobilität in unserem Land und meinem eigenem Interesse, war das Thema für mich naheliegend. Als Geograph ist das Interesse an Fragestellungen mit räumlichem Bezug besonders groß, und da war meine Heimatgemeinde mit ihrem aktuellen Energiekonzept als geeignetes Objekt im wahrsten Sinn des Wortes naheliegend. Durch das kommunale Engagement bezüglich der Energiewende in der Gemeinde passt meine Arbeit sehr gut in die Thematik „Schnelldorf voller Energie“, die vom Amt für ländliche Entwicklung unterstützt wird. Außerdem ist es mein Ziel, eine Arbeit zu schreiben, die auch einen konkreten Nutzen hat und praktische Anwendung findet und nicht in irgendeiner Ablage oder Aktenschrank verschwindet. Auch möchte ich mit meiner Forschungsarbeit die eigene Gemeinde bzw. meine Heimatregion unterstützen und fördern. Deshalb Schnelldorf! Ich hoffe, dass die Bürger mich durch die Beantwortung der Fragen dabei unterstützen, eine fundierte Arbeit zu erstellen und damit beitragen, meine und ihre Gemeinde nach vorne zu entwickeln.
Elektroautos sind in aller „Munde“, aber nur wenige sind bislang auf der Straße zu sehen. Welche Bedeutung hat Elektromobilität denn in einer Gemeinde wie Schnelldorf?
Mit dem Energiekonzept hat Schnelldorf einen Anstoß hinsichtlich einer Energiewende in der Gemeinde geleistet. Dabei wurde festgestellt, dass durch die hiesigen Solar- und Biogasanlagen bereits doppelt so viel Strom aus erneuerbaren Energien in Schnelldorf erzeugt, wie vor Ort verbraucht wird. Da bietet es sich an, den überschüssig produzierten Strom möglichst vollständig selbst bzw. regional zu verwenden, zum Beispiel auch für die eigene individuelle Mobilität. Zudem laufen in den nächsten Jahren die Förderungen für Photovoltaikanlagen aus und die Einspeisevergütungen werden wesentlich geringer. Auch deshalb wird die Eigennutzung von selbstproduzierten Solarstrom wirtschaftlich immer attraktiver.
Wie wirtschaftlich sind Elektroautos heute schon?
Wenn man die Kosten für den Strom und den Kraftstoff in Relation zueinander setzt, kommt man bei einer 50-prozentigen Ladenutzung an der eigen PV-Anlage auf Kosten von 3,30 Euro auf 100 Kilometer im Vergleich zu 9,10 Euro bei einem Verbrenner mit einem Verbrauch von 7 Liter auf 100 Kilometer. Neben den geringeren Kosten für die Energie schlagen vor allem auch noch steuerliche Vorteile und sehr viel geringere Kosten für Service (Inspektion etc.) zu buche. Dadurch, dass der eigene Strom direkt vor Ort verwendet wird oder aus der eigenen Region stammt, würde auch die Region massiv davon profitieren. In ländlichen Regionen werden die höchsten Ausgaben (rund 2.100 Euro für 25000 Kilometer) für Kraftstoff getätigt. Das entspricht grob einer Summe von zwei bis drei Millionen Euro pro Jahr allein für die Gemeinde Schnelldorf, die dann nicht mehr an „Ölkonzerne & Ölscheichs“ gehen würde und damit der eigenen Gemeinde als Kaufkraft erhalten bliebe. Außerdem handelt es sich um Ökostrom, der klimaneutral ist, ganz im Gegensatz zu Benzin oder anderen fossilen Brennstoffen. Die Anschaffung eines E-Autos ist aktuell zwar noch teurer als die eines Verbrenners. Dies wird aber je nach jährlicher Fahrleistung durch die niedrigeren laufenden Kosten und abhängig vom E-Auto-Tankverhalten bereits heute überkompensiert. Eine staatliche Kaufprämie vom 4.000 Euro kommt aktuell dazu. In den nächsten Jahren dürften die Kaufpreise für E-Autos gemäß Aussagen der Autohersteller zudem massiv fallen.
Viele haben noch Vorbehalte wegen der Reichweite. Ist Elektromobilität denn schon alltagstauglich?
Wer Elektroautos skeptisch gegenübersteht, sollte bedenken, dass die Tagesfahrleistungen in Deutschland durchschnittlich meist geringer sind als 80 Kilometer. Viele Elektroautos der aktuellen Generation haben schon heute eine Reichweite von 200 Kilometer, wobei der Markt sich schnell entwickelt. Es gibt auch schon Elektroautos mit einer Reichweite von über 400 Kilometer. In den Jahren 2017 und 2018 kommen eine Vielzahl neuer Elektroautos verschiedener Hersteller mit einer Reichweite von 300 bis 500 Kilometern auf den Markt. Wer dann pro Tag weniger als 400 Kilometer unterwegs ist, was die Regel ist, hat keine größeren Probleme daheim zu laden und den Alltag normal zu bestreiten. Wer in erster Linie mit seiner PV-Anlage laden will, hat das Problem, dass die Leistung im Winter sehr gering ist. Für dieses Problem gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie zum Beispiel, dass man beim nächsten Biogasbauern lädt, von denen es in unserer Gemeinde in fast jedem größeren Teilort einen gibt. Außerdem investieren die Energieversorger, die Autohersteller und die Kommunen mit Bundesförderung ebenfalls immense Gelder in den Ausbau der Ladeinfrastruktur, so dass die nächsten zwei Jahre ein weitestgehend flächendeckendes Netz für alle Regionen Deutschlands vorhanden sein sollte. Für viele Nutzer ist heute schon die Alltagstauglichkeit vorhanden, vor allem für Zeitwagen oder Drittwagen. Nur für relativ wenige Ausnahmen muss dann noch auf klassische PKWs mit Verbrennungsmotor zurückgegriffen werden. Mit weiterem technologischem Fortschritt wird sich der Nutzerkreis, für die Elektroautos alltagstauglich sind, immer weiter vergrößern.
Sind Sie selber schon mal mit einem Elektroauto gefahren?
Ja, ich bin selber auch schon Elektroauto gefahren. Ich war sehr skeptisch, wurde aber dann positiv überrascht. Die Klischees, wie zum Beispiel ein Elektroauto sei träge, mache keinen Spaß oder sei im Alltag nicht zu gebrauchen, stimmen nicht. Die Beschleunigung ist besser als bei so manchem sportlichem Auto. Im Innenraum merkt man keinen Unterschied zu herkömmlichen Autos mit Verbrennungsmotor. Im alltäglichen Fahrbetrieb ist es angenehm ruhig und entspannt.
Wann und wie läuft die Fragebogen-Aktion genau ab?
Am 09.12.2016 geht es los. Dann verteilt die Gemeinde mit dem Mitteilungsblatt die Fragebögen. Jeder Haushalt bekommt einen Fragebogen und es wäre toll, wenn möglichst alle Haushalte mitmachen und die Fragen beantworten. Die Fragen sind nicht schwer zu beantworten, wenn man sich nicht sicher ist können auch grobe Schätzungen zu Kilometerzahlen gemacht werden, und es dauert auch nur 5-10 Minuten. Die ausgefüllten Bögen können dann wieder bei der Gemeinde im Rathaus oder den bekanntgegebenen Adressen abgegeben werden. Natürlich werden die Daten anonym erfasst und nur für Forschungszwecke an der Uni Bayreuth ohne Rückschluss auf die Person ausgewertet.
Werden Sie die Ergebnisse veröffentlichen?
Sobald die Ergebnisse meiner Arbeit feststehen, wird die Gemeinde diese veröffentlichen und dann auch darauf aufbauend in Zusammenarbeit mit den Bürgern weitere Strategien hinsichtlich des Energiekonzepts entwickeln.